"Alt werden ist nichts für Feiglinge"

"Alt werden ist nichts für Feiglinge" hat Joachim Fuchsberger mal gesagt.
Aber älter zu werden, hat schon so seine Vorteile, der wichtigste Vorteil: man lebt länger!
Und die dazugehörigen Geburtstage sind auch nicht schlecht, besonders die sogenannten "Runden".
Normalerweise weiß kein Mensch, was er einem älter werdenden Mann schenken soll, bei Seglern ist das eindeutig anders. 
Ich hatte ja, wie bekannt, vor Kurzem meinen 60. Geburtstag und konnte den Tag mit meinen Freunden auch noch direkt an der Ostsee auf Fehmarn feiern. Es war sehr schön und mein Plan ging voll auf: ich bekam alles geschenkt, was mir noch zur Törnplanung und Umsetzung fehlt.

Noch sind wir ja Ostseelaien, jedenfalls kennen wir noch nicht so viel von diesem sehr großen Revier. Wir haben ja vor, so nach und  nach diese riesige Wasserfläche zu erkunden. Dazu werden wir nach und nach die Anrainerstaaten aufsuchen und dafür werden die entsprechenden Gastlandflaggen benötigt, bisher war lediglich die Flagge der Niederlande an Bord.
Das ist jetzt anders:
"Ostsee rund" hieß das Geschenk
Seekartenkoffer, das wird zunächst reichen!
Perfekt, das mit den Flaggen war geregelt. Erstaunlicherweise brauchte ich dazu nicht einmal den Wunsch äußern, sondern Jochen ist da natürlich ganz von selbst drauf gekommen.

Bis jetzt hatten wir Kartenmaterial an Bord, das so gerade von NL bis Fehmarn gereicht hat, also entschieden zu wenig für "Ostsee rund" .  Mit dem Koffer voller Seekarten sollten wir erst einmal unsere Planungen und Törns beginnen können.

Das abgedeckte Gebiet ist schon sehr groß. Darin enthalten ist auch eine Software nebst digitaler Seekarten fürs Notebook. Meine Kollegen haben da ein wirklich großartiges Präsent mitgebracht.
 Zwischen den aktuellen WM-Spielen kann ich nun mit dem Finger auf der Seekarte meinen Törnträumen nachgehen. Es macht mir Freude zu sehen, wie vielfältig dieses Revier ist, mit dem Zirkel die Distanzen zu checken, Häfen zu suchen und zu notieren.
Glücklicherweise gab es zum Geburtstag dazu noch die richtige Lektüre,. Vor einigen Wochen hatte ich eine Anzeige gesehen, die für eine neue Art Hafenführer warb. Die Bücher erschienen mir gut gemacht, bringen die Infos, die ich auf einen Blick brauche und in Kombination mit den Seekarten sollte es uns zukünftig gut möglich sein, die richtigen Häfen zu finden und problemlos anzulaufen.

der folgende Text ist aus der Beschreibung des Verlags kopiert: 

Die reizvollen Ostseeküsten Dänemarks mit den tief einschneidenden Buchten inklusive Limfjord und dem weit verzweigten Inselmeer gehören zu den beliebtesten Revieren deutscher Segler und Motorbootfahrer, ebenso wie der romantische Schärengarten vor der Westküste Schwedens.
Dieser neue Hafenguide stellt 415 Yachthäfen und Ankerplätze vor, jeweils mit einer Luftaufnahme sowie einem Hafenplan aus den offiziellen dänischen Seekarten mit eingezeichnetem Einfahrtskurs. Die Texte und Piktogramme informieren zu Liegeplätzen, Versorgungs- sowie Serviceeinrichtungen und geben die kulturellen, historischen und touristischen Aspekte des Reiseziels an. Dazu werden Wegpunkt, Seekarten, Internetseite, Telefonnummer und UKW-Kanal des Hafens aufgeführt.
Die Einleitung beschreibt die Wetter- sowie Strömungsverhältnisse und gibt Hinweise zu Seewetterberichten und Sicherheit. Vor den sechs Kapiteln zeigt jeweils eine Übersichtskarte die im Folgenden beschriebenen Häfen und Ankerplätze.

Kompakter, übersichtlicher und praktischer wurde die deutsche Ostseeküste noch nicht beschrieben. Natur- und Yachthäfen werden mit Luftaufnahmen, Hafenplänen und informativen Texten kompakt und übersichtlich auf jeweils einer Seite vorgestellt. Informationen zum Reiseziel, über den historischen und kulturellen Hintergrund sowie Tipps zu Sehenswürdigkeiten und Freizeitgestaltung vor Ort helfen bei der Orientierung und Reiseplanung; die Ansteuerungsbeschreibung in Kombination mit den beschrifteten Luftaufnahmen und Hafenplänen macht das Einlaufen zum Kinderspiel. Dieser Titel darf auf keinem Ostseeschiff fehlen.


Meine ersten Eindrücke dazu sind sehr gut. Natürlich habe ich mir als Erstes die Beschreibung von den mir bekannten Häfen angesehen, eine Art Qualitätskontrolle, und diese haben die Bücher bisher gut bestanden.
 
Noch 2 Wochen, dann geht es in den 4-wöchigen Sommerurlaub und bis dahin werde ich alles durchgeplant haben - bis auf das Wetter.
Ich glaube ich mache noch Plan "B" und "C" für eventuelle Wetterkapriolen.

Richtung Wismar


 


Pfingsten, 3 Tage frei!
Die Anreise am Freitagnachmittag ging trotz des Ferienverkehrs über die A1 mit 5,5 Stunden noch recht gut.
Sehr schön, am Steg ist alles ok, unsere RASMA liegt bereit zum Auslaufen. Das geschieht allerdings erst am Samstag nach dem Frühstück. Per Internet noch eben den Wetterbericht geprüft und die Prognose ist: sonnig und wenig Wind.  Egal, wir fahren raus und der Wind reicht, um uns mit etwa 4 Knoten langsam aber sicher in Richtung Wismar zu bringen. 
Schönes Segeln, keine Welle, Sonne und auf dem Wasser ist es auch nicht so heiß.

es heißt ja auch: Segelsport

Der Autopilot arbeitet problemlos vor sich hin und wir können die Stunden genießen. Noch wissen wir nicht, wohin wir letztlich fahren. Timmendorf auf Poel? Boltenhagen? Wismar?
Wir lassen es auf uns zu kommen, es ist sowieso das erste Mal, dass wir in diesem Revier unterwegs sind. Ich freue mich, als die Küstenlinie von Mecklenburg-Vorpommern auftaucht. Es sieht so anders aus, früher in NL und den ostfriesischen Inseln war alles flach und hier gibt es die weithin sichtbare Steilküste mit ihren Wäldern, das gefällt uns sehr.
Vor Wismar soll es ein paar Untiefen geben, aber die Betonnung scheint gut zu sein.
Was uns auffällt ist, dass die meisten Segelboote nur entlang der Küste fahren, mit uns also quer über die Bucht sind nur sehr wenige unterwegs. Erst bei der Ansteuerung des Fahrwassers nach Wismar treffen wir auf andere Boote.
Inzwischen haben wir die Beschreibungen der Häfen durchgelesen und entscheiden uns für Boltenhagen, es soll dort ein nettes Fischlokal mit dem exotischen Namen "Kamerun" geben. Der Hafen nennt sich Marina und entspricht dem Trend Hafen, Hotel und Ferienwohnungen zusammen zu erstellen. So können die Segler eine schöne Kulisse abgeben. Was wir dann auch mit großer Begeisterung tun.



"VIP-Steg" in Boltenhagen
Freie Boxen sind mit einem grünen Schild gekennzeichnet, aber es gibt nur leere Boxen mit roten Schildern. Auf einem Boot winkt uns ein Ehepaar zu und ruft uns zu "der Platz neben uns ist bis morgen Abend frei, hier könnt ihr liegen".  Nett, und beim Anlegen hat man uns auch geholfen, Ingrid legt unser Boot rückwärts an, so haben wir es bequemer und können aus der Plicht über die Bucht schauen.
Es ist ein sehr komfortabler Steg, breite Boxen jede mit Wasser und Strom, sogar Strandkörbe stehen am Kopf des schneeweißen Anlegers.
Nachdem wir an Bord alles klar gemacht haben ging es zunächst zum Hafenmeister und auf die Terrasse vor seinem Büro. Wir genießen einen kühlen italienischen Weißwein und schauen uns das Treiben an.
Solche Marinas kennen wir aus Holland eigentlich nicht und unser Liegeplatz in Burgstaaken ist dagegen sehr rustikal. Es erinnert uns hier etwas an die Yachthäfen des Mittelmeers. Das Wetter passt ja auch dazu.
Bis zum eigentlichen Ort Boltenhagen ist es etwa 30 Minuten zu gehen, wir haben einfach keine Lust dazu. Wir heben uns das auf für das "Nächstemal".


Auf nach "Kamerun".  Das Restaurant mit einem Dach in Form eines Fischerbootes (sogar die Schraube ist noch dran) hat natürlich überwiegend Fisch zu bieten, es liegt ja auch direkt neben dem Fischereihafen
Kamerun können wir als Reiseziel empfehlen.

Kamerun
 .

Am nächsten Tag zurück. 9:30 Uhr ablegen, der Wind hat etwa 2-3 aus SO, es geht gut los. Nach 2 Stunden wird der Himmel dunkel und der Wind dreht auf NO, wir reffen vorsichthalber und das nicht zu früh. Der Wind nahm zu und pendelte sich bei 26 Knoten ein, die ein oder andere Böe hatte 34 Knoten, So erreichten wir Fehmarn viel schneller als gedacht, es hat nicht geregnet und das war gut!

Wie es immer so ist, wir legen an unserem Liegeplatz an und es klart wieder auf, der Wind geht runter auf fast Null und es wird heiß.
Wir machen alles klar und gehen in den "Goldenen Anker" und lassen dort den Tag ausklingen.

Stimmt nicht ganz, schließlich kommt ja noch Formel1, der Grand Prix von Kanada, das durfte ich dann noch sehen.

mit der DVBT-Antenne im Mast habe ich sehr guten Empfang

Am nächsten Tag wollen wir das Boot schön sauber machen und heimfahren.
Richtung Wismar werden wir Anfang Juli wieder segeln, zu Beginn unseres Urlaubs.

Durchatmen

Ich wusste es ja.
Am Himmelfahrtswochenende mit Brückentag auf die Autobahn zu gehen, ist eigentlich Blödsinn. In Richtung Ostsee fuhren jedenfalls wieder sehr viele und die Verantwortlichen für die bundesdeutsche Stauregulierung hatten die Baustellen wieder geschickt platziert. Wir brauchten für die 380 KM von Osnabrück bis Fehmarn tatsächlich 7,5 Stunden. Aber, das war das Gute, mit jeder Stauminute wurde das Wetter besser, hat es zuhause noch geregnet, schien dann in Burgstaaken die Sonne.
So konnten wir noch um 22:00 mit einem Glas Wein den Sonnenuntergang mit Blick  auf die Fehmarnsundbrücke genießen.

An unserem Steg ist auch wieder die  Möwe und nistet auf dem Pfahl, wir kennen uns ja schon vom letzten Jahr.


Am Donnerstag wollen wir einfach etwas segeln, ohne Ziel.
Beim Frühstück fällt der Blick auf die Tankanzeigen, Wasser: ok, aber
Diesel - leer!  Wieso?
Skipper, ratlos
Hatten wir doch das Boot mit vollem Tank eingewintert und nach dem Kranen war auch noch alles in Ordnung. Vor 4 Wochen hatten wir unsere RASMA verlassen und die Heizung nicht ausgemacht und die ist wohl immer angesprungen, wenn die Temperatur weit genug gefallen war. Wir hatten es schlicht übersehen. Jedenfalls waren so ca. 130 Liter Diesel in die Atmosphäre gepustet worden. Naja, letztlich war es so besser, als wenn der Sprit ins Wasser oder Boot gelaufen wäre.
Also vor dem Segeln war noch Tanken angesagt, zunächst 10 Liter aus dem Kanister rein, Leitung entlüften war zum Glück nicht notwendig.
Bei dem herrlichen Wetter konnte Ingrid nun das Boot von unserem Steg ablegen und an der Bunkerstation gleich wieder anlegen.

Die Bedienung erfolgt im Modus "Semi-Self-Service", mir wurde die Zapfpistole in die Hand gedrückt und ich musste nun sehr gut aufpassen, daß kein Diesel ins Hafenwasser tropft. Das hat geklappt.



Schon in der Hafenausfahrt an Burgtiefe vorbei gingen die Segel raus.
Der Wind war eher schwach, aber für den ersten Törn des Jahres, habe ich das ganz gerne. So können wir in Ruhe prüfen, ob alles funktioniert. Wir checken die Navigation, das Rigg und natürlich auch die Rollanlagen der Segel.  Der Autopilot scheint sich auch darüber zu freuen, wieder arbeiten zu dürfen.
Das neue Großsegel rollt auf Knopfdruck sauber aus und steht wie eine Eins. Es hat einen perfekten Schnitt  und lässt sich gut trimmen. Das ist auch wichtig, denn es wäre schwierig dieses Segel jetzt noch zu reklamieren, denn SW-Segel hat im April Insolvenz angemeldet. Da werden andere Segler u.U. echte Probleme haben.

Irgendwann entscheiden wir uns mal rüber nach Großenbrode zu fahren, in den Binnensee. Wir machen eine langsame Runde und schauen den vielen Anglern zu. Lust anzulegen haben wir aber nicht, deshalb geht es gemütlich zurück nach Burgstaaken. Richtig schönes Segeln.
Der Wind hat gedreht und aufgefrischt, ich habe Probleme unsere RASMA rückwärts an den Steg zu bringen. Trotz Bugstrahlunterstützung drückt uns der Wind immer wieder weg. Ein Danke deshalb an den Skipper der R.ENTE, ohne seine tatkräftige Unterstützung hätte es wohl noch länger gedauert, bis wir hätten festmachen können.
Das Boot von ihm heißt wirklich so. Wahrscheinlich weil das Werftsymbol von Etap eine fliegende Ente ist und er vermutlich auch Rentner ist , hat er deshalb diesen außergewöhnlichen Namen gewählt.

Das Wetter bleibt schön und wir faulenzen weiter. Ich hole mir einen Sonnenbrand, weil ich auf der Ducht eingeschlafen bin.

Hoffentlich wird es am Pfingstwochenende wieder so schön, aber bitte ohne Stau auf der A1.