Saisonal und regional


Wismar ist tatsächlich ein Kreuzfahrerhafen, das war uns bisher nicht so recht bewusst. Im Mai hat z.B. das ehemalige ZDF-Traumschiff ASTOR hier angelegt und den kleinen Ort mit Touristen geflutet. Ich denke für Wismar und seine Geschäftswelt ist das auch gut.

Es war zwar noch recht frisch, aber das Wetter erschien insgesamt vielversprechend. Unsere RASMA war fertig für eine Ausfahrt. Technisch macht uns RASMA zurzeit wenig Arbeit, 3 Tage hatten wir Zeit und die Zeit nutzten wir mit täglichen Ausfahrten. Nur Segeln ohne Ziel, einfach schön. Wir nutzten die ganze Breite und Länge der Wismarer Bucht, segelten vorsichtig um die kleine Naturschutzinsel Walfisch. Hier gibt es etliche Sandbänke und Flachs. Ein wenig ist das wie früher mit der Jolle, ohne Ziel, nur einfach segeln um des Segelns Willen.
Herrlich, wir vergessen die Zeit dabei, fast. Denn ab und zu eine Kleinigkeit essen, eine Tasse Kaffee erinnert uns dann wieder an die fließende Zeit. In der Realität kamen wir dann auch ganz plötzlich wieder an. Sanft laufen wir auf Grund und saßen auf einer Sandbank fest.  Das erfolgte so langsam, und weich, dass wir es erst merkten als die Logge und Echolot auf null standen. Mit Geduld, Gewichtsverlagerung und viel Maschinenkraft befreien wir unsere RASMA und konnten nach ein paar Minuten weitersegeln. Mit mehr Aufmerksamkeit natürlich.
Hohen Wieschendorf Marina
Nach kurzer Überlegung steuerten wir Kirchdorf auf Poel an. Wir fuhren kurz mit Motor dort eine Hafenrunde, zum Anlegen hatten wir keine Lust. Deshalb setzten wir wieder die Segel und segelten danach weiter in Richtung Timmendorfer Leuchtturm. Auch hier kreuzten wir nur am Strand entlang, anlegen wollten wir nicht. Während wir normalerweise Kreuzkurse vermeiden und möglichst direkten Kurs zu unserem Ziel segeln, fuhren wir heute mit Genuss auch diese Kurse. Die Manöver klappten richtig gut, wir waren schnell wieder eingespielt, RASMA ist aber auch wirklich leicht zu händeln.



Der Wind war mit 3-4 Windstärken angenehm zum Bummeln. So verbringen wir jeweils ca. 6 Stunden auf dem Wasser und genießen diese kleinen regionalen Ausfahrten zu Beginn der Segelsaison. Unterwegs kommen wir ein wenig ins träumen. Mal wieder eine längere Zeit an Bord, das wäre schön.
Für den Juni wünschen wir uns eine etwas längere Tour. Angedacht sind, falls irgendwie möglich ca. 2 Wochen, in denen wir mal wieder Sonderborg und Flensburg besuchen möchten. Dazu werden wir zuhause einiges zu organisieren haben, damit unsere Mütter in dieser Zeit gut versorgt sind. Pläne können wir ja schon mal machen.
Im Mai ist es im Westhafen an unserem Steg noch sehr ruhig. Es sind kaum Menschen anwesend und wir verbringen sehr ruhige Abende am Steg. Einen Vormittag nutzen wir die Gelegenheit mit dem PKW nach Boltenhagen und nach Hohen Wieschendorf zu fahren. Natürlich geht es an den Strand und zum jeweiligen Yachthafen.
Auch hier es noch sehr ruhig. Nur wenige Boot sind an ihrem Platz. Der Hafenmeister erzählte mir jedoch, dass alle Plätze für diese Saison belegt seien. Erstaunlich, denn hier gibt es außer einer Pizzeria und einer gut sortiert aufgestellten Ansammlung von Strandkörben quasi nichts an Infrastruktur.

Die Liegeplatzinhaber sind im Winter mit ihren Booten zum großen Teil auf Fehmarn im Winterlager. Bequem ist das nicht.

In Boltenhagen suchten wir uns ein nettes Lokal und kehrten ein. In der Vorsaison ist es wirklich angenehm hier.


Leider war das der einzige Bootsaufenthalt im Mai, allerdings haben wir es geschafft knapp 60 Seemeilen in unserem Heimatrevier zurückzulegen. Diese Stunden auf dem Wasser waren es wirklich wert, fast 800 Kilometer mit dem PKW hin und zurück zu fahren.



2019 Saisonstart

In diesem Jahr bin ich 65 Jahre alt geworden. Hätte man mich vor 10 Jahren gefragt, was ich wohl mit 65 machen werde, wäre die Antwort sehr kurz und einfach gewesen:
 " ich werde von April bis Oktober mit meiner Frau auf unserem Segelboot unterwegs sein!"
Es war in den letzten 3 Jahren allerdings bereits absehbar, dass dieser Wunsch nicht so richtig in Erfüllung gehen wird. Die Gesundheit, sowohl die eigene, als auch die unsere Mütter beeinflusst im wesentlichen unsere zeitlichen Möglichkeiten an Bord zu sein.
Es sind eigentlich immer nur wenige Tage, die wir von daheim fort sein können.

Aber ich denke, dass wir in diesem Jahr diese Tage ganz gut nutzen konnten und schöne Segeltage erleben durften.
Der Reihe nach...


Im letzten Post habe ich über unseren Propellerkauf geschrieben. Wir sind noch im Spätherbst letzten Jahres nach Wismar und haben mit dem Verantwortlichen der nahe gelegenen Motorenwerkstatt Diethert-Marine das weitere Vorgehen abgestimmt. Uns war es eigentlich egal, wann der Prop montiert wird, einzig allein der Termin im März pünktlich zum Einkranen war für uns eine Einschränkung. "das ist kein Problem, solche Kleinigkeiten erledigen wir sofort!", war die vollmundige Versprechung dieser Firma. Aus Erfahrung hätte ich es besser wissen müssen, trotzdem ließ ich alles, d.h. den neuen Propeller samt Einbaumaterial, Dokumentationen und Bootsschlüssel dort. Die Winter war wenig spektakulär und verging langsam.
Von der Wismarer Motorenfirma hörten wir nichts.
Es kam der März und wie schon fast gewohnt, gab es auch schon ungewöhnlich warme Tage. Wir packten unser Auto voll und fuhren nach Wismar zum Boot. Der erste Blick Im Westhafen ging natürlich unter den Rumpf von RASMA. Der alte Propeller war noch dran! Meine Gefühl
slage zu schildern würde den Rahmen hier im Blog ganz klar sprengen! Kurz gesagt: ich war sehr verärgert
Am nächsten Morgen suchte ich die beauftragt Firma auf und fragte nach dem Grund für die nicht vorgenommen Montage des Props. Die Antworten waren ein Durcheinander von Ausflüchten, Schuldzuweisungen und Kundenbeschimpfungen. Das Resultat dieser unerfreulichen Unterredung war letztlich, dass wir den Auftrag zurücknahmen und unser Material wieder einpackten. Innerlich haben wir uns zu diesem Zeitpunkt von einem frühen Saisonbeginn verabschiedet, denn ohne den neuen Faltpropeller wollte ich auf keinen Fall mit RASMA ins Wasser.

Unser Hafenmeister gab mir die Telefonnummer der Fa. Müller & Müller aus Poel und die war nach kurzem Gespräch bereit, innerhalb der nächsten 3 Wochen den Auftrag durchzuführen. Mit telefonischer Unterstützung durch den Prop-Hersteller SPW aus Bremen ist das auch pünktlich gelungen und Ende April war RASMA fertig zum Kranen. Diese Firma hat sich wirklich durch ihre kooperative und kundenfreundliche Art bei uns beliebt gemacht.
so sollte der Propeller immer aussehen,
mal sehen, wie er nach der ersten Saison aussieht

Den blanken Prop habe ich dann noch mehrfach mit einer speziellen Teflonpolitur bearbeitet. Dies Politur soll verhindern, dass sich Muscheln, Algen usw. daran festsetzen. Wir werden sehen, ob das wirklich funktioniert. Wir haben hier Wismar sehr stark mit dem Bewuchs mit Seepocken zu kämpfen. Noch haben wir dagegen keine wirklich Lösung gefunden.
Drei verschiedene Antifoulinglösungen haben wir bisher versucht, der Erfolg war bescheiden.
Das Kranen erfolgte ohne Probleme, der Motor sprang sofort an und wir konnten unseren bekannten Liegeplatz wieder einnehmen.
Wir lassen ja alle Batterien über Winter an Bord, lediglich lösen wir die Kabel und trennen die Akkus vom Stromkreis. Das machen wir seit Jahren so und hatten noch nie Probleme im Frühjahr, die Restladung war immer noch recht hoch und die Funktion der Elektrik immer vom ersten Moment an gewährleistet.



an diesem Tag hatte ich den Fotoapparat versehentlich auf Schwarz/weiß eingestellt



Drehen oder falten? Propeller-Probleme.

Nicht nur in der letzten Saison ist uns aufgefallen, dass das eine oder andere vergleichbare Segelboot mit Segeln auf gleichem Kurs schneller ist als unsere RASMA.
Im letzten Sommer überholten uns auf dem Weg von Grömitz nach Wismar nacheinander auf deprimierende Weise jeweils eine Najad 36 und eine Hallberg Rassy 36. Das darf nicht sein!

Dieses Überholen war so deutlich, dass ich mir wirklich ernsthaft Gedanken über die Ursachen dafür gemacht habe.
Einen Grund für das Geschwindigkeitsdefizit unserer RASMA konnten wir im letzten Herbst bereits nach dem Krantermin sehen. Das Unterwasserschiff war an einigen Stellen sehr stark und dick mit Seepocken zugewachsen. Klar, so starker Bewuchs macht den Rumpf langsamer.
Auf dem Steg in unserem Hafen kam ich zufällig mit einem Segler ins Gespräch, der ebenfalls eine Compromis besitzt. Er hat an seiner Compromis 1050 vom Festpropeller auf einen Faltpropeller gewechselt und schwärmte von dem deutlich spürbaren Zuwachs an Geschwindigkeit beim Segeln. Die Fahreigenschaften unter Motor sind angeblich auch viel besser geworden. Leider vergass ich, nach Propellertyp und Marke zu fragen.

Darüber wollte ich aber doch mehr wissen. Daheim wurde zunächst die vorhandene Literatur überprüft, in alten Zeitschriften von Yacht, Segeln und Palstek fand ich einiges an Berichten. Die letzten Tests waren leider schon über 15 Jahre alt. Diese gesammelte Informationsflut diente nicht unbedingt dazu, mir ein klareres Bild zu verschaffen.
Grob zusammengefasst gibt es Propeller, die sich falten lassen und welche, die sich in eine Segelstellung drehen können. Beide Sorten gibt es mit 2,3 oder 4 Blättern. Die Preise fangen bei etwa € 750 an und hören etwa bei über € 3000 auf, jedenfalls für ein Segelboot wie unsere RASMA. Hinzu kommt, dass so ein neuer Propeller genau für jedes Boot berechnet werden muss. Diese Berechnung ist eindeutig nichts für Laien wie mich.
Für die weitere Meinungsbildung habe ich im Segeln-Forum eine Frage zu dem Thema eingetragen. Aus den vielen und überwiegend konstruktiven, hilfreichen Antworten habe ich viele Informationen gewinnen können und anschließend mit zwei Herstellern Kontakt aufgenommen. Das war zum einen die Firma Flexofold aus Dänemark und zum anderen das Unternehmen SPW aus Bremen.
SPW bietet primär Drehflügelpropeller an und Flexofold Faltpropeller. Von beiden Unternehmen lasse ich mich telefonisch beraten und mir ein schriftliches Angebot geben.
SPW ist mit seinen Variprop deutlich teurer, die Beratung war allerdings wesentlich umfangreicher. Die kompetent wirkende Dame am Telefon stellte mir eine Menge Fragen. Sie fragte nicht nur nach den technischen Daten meines Bootes, so wie bei Flexofold, sondern auch nach Revier, Liegeplatz, Fahrverhalten unseres Bootes, unsere persönlichen Wünsche und bisherigen Erfahrungen. Die Empfehlung von Frau Drebing war entsprechend eindeutig: 3-Blatt Variprop!


Als ich ihr sagte, dass ich den Preis erst im "Familienrat" diskutieren muss, um entsprechende Akzeptanz zu bekommen, hatte sie Verständnis. Nun hatte ich etwas zum Grübeln. Zunächst aber habe ich mir gesagt, so wenig an mehr Geschwindigkeit für so viel Geld! Nein, das geht gar nicht. Dafür bekomme ich ja einen neuen Gennaker! Sicher war ich mir aber überhaupt nicht.
Dann kam die Boot 2019 in Düsseldorf. Dort nutzten wir die Gelegenheit uns die Propeller vor Ort anzusehen und mit den Händlern zu sprechen.
Wieder war es Frau Drebing auf dem Stand von SPW, die entspannt und überzeugend die Vor- und Nachteile ihres Propellers darlegt.


Nach ein, zwei Tassen Kaffee und einem kontofreundlichen Messeangebot war alles klar!

Ein Variprop - 3-Blatt wurde bestellt, und wir fuhren mit einem guten Gefühl von der Messe nach Hause.
Die Auftragsbestätigung kam nach wenigen Tagen, und in einem Telefonat wurde ich noch darüber informiert, wie ich den neuen Propeller am besten in unserem Revier vor Bewuchs schützen kann. Das entsprechende Mittel würde zusammen mit dem Propeller geschickt.

Nun ist der neue Propeller angekommen, und in der nächsten Woche fahren wir nach Wismar zum Boot. Ich will das Teil schnell am Boot sehen.